2009/02/03

walzer für niemand. oder wenn, dann nur für mich.

ich stellte mich in die reihe. eine riesenreihe, für konzerte, an die ich gewohnt bin. na toll. ich wartete und wartete, bis irgendwann eine dieser unbedeutenden kurzmitteilungen kam. die sollte man eigentlich verbieten. nichts handfestes, nichts sicheres, nichtssagend. ich wurde versetzt. der saal war voll, voll mit menschen, die zum teil bestimmt seit mehreren jahren keine livemusik gehört hatten. und wenn, dann an grossonkel ruedis neunzigstem geburtstag, als das dorforchester fanfaren zum besten gab. ich nippte an einem widerlichen bier, das nach flüssigem nichts schmeckte und hoffte, die bühne würde bald mit musik belebt werden, in die ich mich verlieren könnte. wie wenn man sich der nassen, kalten, matschigen kleider entledigt, nach einer dieser absolut unnötigen wanderungen anfangs märz mit zielort hinterkackingen. glücklicherweise pünktlich kam emilie w. auf die bühne. ich konnte sie von meinem standort aus anfangs nicht sehen. was mich aber nicht davon abhielt, während dem ganzen ersten klavierstück hühnerhäutige arme zu haben. klar, ich freute mich seit dem kalten, dunklen morgen insgeheim auf das konzert, aber so? was machte denn diese frau genau anders, als die tausend anderen singer-songwriterinnen der bühnen dieser welt? zwischen den ersten paar songs sprach die junge frau kein einziges wort mit dem publikum. ich nahm meine hunderten von mitmenschen eine zeit lang also nicht mehr wahr. die mittvierzigjährigen frauen mit den hippiefetzen und den fast schon architektonischen chignons, die mittdreissigjährigen herren mit echter (heutzutage muss man das präzisieren) hornbrille und freitagtasche spielten also kurzzeitig stumme statisten in meinem abendprogramm (obwohl die umherwippende dame hinter mir des öfteren ihre tasche an mein hinterteil presste. aber - details). bis, oh schreck, die erstaunlich gut gelaunte dame mit dem publikum zu interagieren begann. eine corinne mauch allusion hier, eine anspielung auf roger federer dort - und zufrieden war das kokettierende, elitepublikum. es schaffte sogar, mir eines meiner lieblingslieder komplett zu zerfetzen, wegen den angeblich "bizarren" lyrics. vier zugaben spielte hunger für ihre heimatstadt. und beim hinauslaufen hatte ich das träge gefühl, ich sei eine der wenigsten gewesen, die deren kostbarkeit auch nur im geringsten hätten schätzen und aufnehmen können. schade.

sophie hunger: 10 punkte

sophie hungers publikum: 2 punkte

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